2020
in den Hang gefächert
Neubau Oberstufengebäude und Saalbau
Freie Waldorfschule Hof.
Ines Klaue, Michaela Stömer, Martin Schmeer, Dietrich Will, Hans Weidinger
Grundsätze des Entwurfskonzepts
Die Schulanlage am Rande Hofs, bestehend aus frei stehenden Solitären, die Grundstufe, Mittelstufe und Sporthalle mit Mensa beherbergen, soll künftig durch einen neuen Oberstufentrakt und einen kleinen Saalbau ergänzt werden. Die vom Auslober angedachte Lage der Schulerweiterung in enger Nähe zum ansteigenden Gelände bietet zum einen reizvolle Aspekte, zum anderen muss sich eine Hangbebauung auch einigen
Anforderungen stellen. Um diesen „Spagat“ zu meistern, waren uns folgende Überlegungen wichtig :
- Die ringförmige Anordnung der heterogenen Gebäude um die freie Mitte des Pausenhofs wird mit zwei formal eigenständigen Solitären zu einem homogenen Schuldorf als „Pentagramm“ ergänzt - frei nach dem Motto: „ Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
- Die freie Stelle, an der ein weiteres Gebäude stehen könnte, wird durch den bestehenden Gartenbau in Form eines „Hauses ohne Dach“ belegt. Hier öffnet sich die bauliche Struktur zu einer Thema-Erweiterung : das symbiotische Verhältnis zwischen Bebautem und Unbebautem.
- Der Raum zwischen den beiden neuen Bauwerken soll den ansteigenden Hang als „Pausen-Nische“ - für die Oberstufenschüler in Form von Sitzstufen erlebbar- in den zentralen Schulhof einbinden.
Gestalten mit der Topographie
Beide Gebäude integrieren die Höhenunterschiede, die sich aus dem Gelände ergeben, sowohl in der Grundriss- Organisation als auch in der internen Orientierung. Die Priorität der Topographie fordert hier, dass übliche Entwurfsziele umgestrickt werden. Dadurch ergeben sich ungewöhnliche Spannungen und Ansätze, die wir im Weiteren detaillierter ausformulieren :
- Die Bühne des kleinen Saals liegt im Zugangsbereich direkt angrenzend an das ebenerdige Foyer, während sich die Sitzreihen -dem Gelände folgend- nach oben hin staffeln. Auch die Lichtführung und die Ausbildung von Blickbeziehungen im Saal folgen diesem Prinzip.
- Die Erschließung des Oberstufen-Traktes vom gemeinschaftlich genutzten Pausen-Platz erfolgt nicht über die Längs- , sondern über die Kopfseite und führt weiter über das zum Teil doppelgeschossige Foyer zur zentralen Aula, in deren Mitte sich die dem Geländeverlauf folgenden Haupttreppen befinden. Deckenöffnungen unterstützen die offene Atmosphäre.
- An der Westseite fächert sich das Oberstufen-Haus aus dem Hang. Dadurch verschränken sich die offenen Flure der Klassentrakte mit den davor liegenden Gründach- Kaskaden ineinander und verschmelzen so mit dem umgebenden Hang. Die sich so ergebenden Flächen können bei gutem Wetter als Außenklassenzimmer genutzt werden.
- An der nördlichen Kopfseite erweitert sich der Kunstsaal in den ebenerdig angrenzenden Außenbereich des „Kunstgartens; Schutz vor schlechter Witterung bietet das gro.zügig auskragende Dach.
- An der Westseite des Oberstufen-Hauses befinden sich im halb im Hang eingegrabenen Souterrain die Gartenbau- Unterrichtsräume, welche sich ebenerdig zu den bestehenden Gartenbau-Außenflächen orientieren: die Beete fangen unmittelbar an der Türschwelle an. Ein kleiner Teich fängt das anfallende Oberflächen- und Schichtenwasser auf.
Städtebauliche Überlegungen und Gebäudeform
Die beinahe spiegelbildliche Ausformung des kleinen Saalbaus mit achsialem Zugang soll zwischen den sehr unterschiedlich ausgeformten Baukörpern der Mittelstufe und der Oberstufe vermitteln und zugleich in seiner Erscheinung „vornehm“ zurück treten.
Während die Symmetrie beim Saalbau im Vordergrund steht, präsentiert sich der Oberstufenbau mit einer stark unterschiedlichen Gestaltung der Fassaden, die nicht allein aus der Topographie herrühren.
- Die Westseite des Oberstufenbaus lenkt in den Obergeschossen Tageslicht über großzügige Fassadenflächen tief in das Gebäudeinnere.
- Auf der zum Saalbau orientierten Ostfassade liegen hinter einem hölzernen Lamellen- Band lange Fluchtbalkone, welche die Klassenzimmer vom Hang aus andienen. Damit kann auf ein zweites Fluchttreppenhaus verzichtet werden.
- Diese Balkone kragen etwas vor die Gebäudeflucht und betonen somit den massiven Gebäudesockel, auf dem die beiden oberen Geschosse ruhen. Materialität und Dimension des Sockels unterstützen die maßstäbliche Einordnung in die Nachbarbebauung.
- Darüber hinaus reagiert der zurückspringende Sockel des Oberstufenbaus auf den gegenüber liegenden kleinen Saalbau. Auf Augenhöhe korrespondieren die Materialien der beiden Bauten untereinander.
- Das selbstbewußte Rückgrat des Gebäudefächers bildet der „Turm“ an der südwestlichen Gebäudeecke. Er fungiert symbolisch als Dreh- und Angelpunkt. Die skulpturale Vertikale betont zum einen den um diesen Punkt gefächerten Grundriss und dient zum anderen zum offenen Gelände hin als „Landmarke“. Mit diesem Ausrufe-Zeichen wird der Entwurfsgedanke leicht erkennbar unterstrichen.
Energieversorgung
Die Erweiterungsbauten der Waldorfschule Hof beinhalten die große Chance für das gesamte Schulgelände ein nachhaltiges Energiekonzept zu entwickeln. In Anlehnung an die gut in das Gelände integrierten Gebäude soll ein in die Ressourcenlandschaft der Region integriertes Energiekonzept die Verantwortung dieser Schule widerspiegeln: so kann ein Blockheizkraftwerk (BHKW), das mit Hackschnitzeln aus den Wäldern der Region nachhaltig betrieben werden kann und unterhalb des bestehenden Kindergartens platziert wird, durch ein Nahwärmenetz die gesamten Schulgebäude sowie die Gebäude des angrenzenden Kindergartens versorgen.
Der gleichzeitig erzeugte Strom versorgt das Schulgelände hauptsächlich in den kalten Monaten. Diese nachhaltige Stromversorgung optimal ergänzen kann eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Oberstufengebäudes, die wiederum in den Monaten mit längerer Sonnenscheindauer besonders leistungsfähig ist.
Durch den Einsatz eines BHKWs ist auch genügend Strom vorhanden, um in den Klassenräumen die heute üblichen, aber in ihren Auswirkungen umstrittenen LED-Leuchtmittel durch Glühbirnen mit dem vollen Lichtspektrum zu ersetzen.